

Wadephul will bei Israel-Besuch mehr humanitäre Hilfe für Gazastreifen erreichen
Vor dem Hintergrund wachsenden internationalen Drucks auf Israel will sich Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU) bei einem am Donnerstag begonnenen Besuch in der Region vor allem für verstärkte Hilfslieferungen in den Gazastreifen einsetzen. Israel müsse die "sichere und effektive Verteilung" von Hilfsgütern ermöglichen, forderte Wadephul, der am Nachmittag in Tel Aviv eintraf. Israel müsse "sofort, umfassend und nachhaltig für Abhilfe bei der katastrophalen Lage im Gazastreifen sorgen".
Angesichts der zunehmenden Zahl westlicher Länder, die die Anerkennung des palästinensischen Staats ins Aussicht stellen, bekräftigte Wadephul das Festhalten Deutschlands an einer "verhandelten" Zweistaatenlösung. Die Anerkennung eines Palästinenserstaates stehe für Deutschland "am Ende" eines Verhandlungsprozesses. "Aber ein solcher Prozess muss jetzt beginnen", betonte er in einer kurz vor seiner Reise veröffentlichten Erklärung.
Nach Frankreich und Großbritannien zeigte sich am Donnerstag auch Kanada bereit, "den Staat Palästina bei der 80. Sitzung der UN-Vollversammlung im September 2025 anzuerkennen". Portugal kündigte an, diesen Schritt ebenfalls zu prüfen.
Palästinenserpräsident Mahmud Abbas begrüßte die "historische" Entscheidung Kanadas. Der israelische Außenminister Gideon Saar wies die mögliche diplomatische Anerkennung eines palästinensischen Staats indessen als Einschüchterungsversuch zurück.
"Wir lassen uns nicht mit Sanktionen einschüchtern, oder davon, einen zukünftigen palästinensischen Staat anzuerkennen", sagte Saar kurz vor seinem Treffen mit Wadephul der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Ein palästinensischer Staat, der heute gegründet werde, wäre "ein dschihadistischer Terrorstaat inmitten unseres Kernlandes", sagte Saar.
Der israelische Außenminister begrüßte die zurückhaltende Position der deutschen Regierung. "Deutschland ist das einzige führende Land, das noch rational handelt", sagte er.
US-Präsident Donald Trump drohte, Kanadas Ankündigung mache ein Handelsabkommen seines Landes mit dem Nachbarstaat "sehr schwierig".
Bei einer UN-Konferenz zur Zweistaatenlösung hatten 15 westliche Länder am Dienstag bereits gemeinsam einen Appell zugunsten eines eigenen Staats für die Palästinenser lanciert. In einer weiteren Erklärung, an der sich auch die Arabische Liga sowie mehrere arabische Länder beteiligten, wurde zudem die Entwaffnung der islamistischen Hamas gefordert.
Die UN-Konferenz habe gezeigt, "dass Israel sich mehr und mehr in einer Minderheitsposition wiederfindet", sagte Wadephul. Das "Sterben und Leiden im Gazastreifen" habe "unfassbare Dimensionen angenommen".
Bei einer Verteilung von Lebensmitteln im Gazastreifen waren am Vorabend nach Angaben des Hamas-Zivilschutzes 58 Menschen getötet worden. Die israelische Armee erklärte, Warnschüsse abgegeben zu haben, aber keine Informationen über mögliche Opfer zu haben. Ein Korrespondent der Nachrichtenagentur AFP sah am Donnerstag die Leichen mehrerer Dutzend erschossener Männer in der Leichenhalle des Al-Schifa-Krankenhauses in der Stadt Gaza.
Wadephul wollte am Donnerstagnachmittag und -abend neben Saar auch den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu sowie Staatspräsident Isaac Herzog in Jerusalem treffen. Am Freitag stehen Treffen mit UN-Mitarbeitern in Jerusalem und mit Vertretern der Palästinensischen Autonomiebehörde in Ramallah im Westjordanland auf Wadephuls Programm.
Auch der US-Sondergesandte Steve Witkoff hält sich derzeit zu Gesprächen über die "nächsten Schritte" in Israel auf. Er traf am Donnerstag zunächst mit Netanjahu zusammen. Trump kommentierte den Besuch seines Gesandten in seinem Onlinedienst Truth Social mit den Worten: "Das schnellste Mittel, um die humanitäre Krise im Gazastreifen zu beenden, ist die Kapitulation der Hamas und die Befreiung der Geiseln."
V.Colombo--MJ